Gehmeditation ist eine recht neue Bezeichnung. Aber die Suche nach Ruhe, Verbindung und Klarheit durch achtsames Gehen findet man in vielen Traditionen auf der Welt. Spirituelles Gehen, Prozessionen oder Pilgerwege gab es in alten Kulturen wie Sumer, Ägypten, Griechenland wie auch in in hinduistischen, buddhistischen und christlichen Religionen. Das bewusste, rituelle Gehen war immer eng mit Spiritualität und dem Streben nach innerem Frieden verbunden.
Bei uns im Westen wurde die Gehmeditation vor allem durch den vietnamesischen Mönch und spirituellen Lehrer Thich Nhat Hanh bekannt. Er war ein buddhistischer Mönch, Dichter und Friedensaktivist, der sein Leben der Achtsamkeit und dem Mitgefühl widmete. Für ihn war Gehen nicht nur eine körperliche Bewegung, sondern ein Weg zu innerem Frieden und Klarheit.
Thich Nhat Hanh hat ein zauberhaftes Büchlein dazu geschrieben: „Der Geruch von frisch geschnittenem Gras“. In seinen Worten bedeutet Gehmeditation, “jeden Schritt in Freiheit zu tun und Frieden in jedem Schritt zu finden”.
Was ist Gehmeditation?
Im Grunde ist Gehmeditation eine besondere Art der Achtsamkeitsübung. Es geht nicht darum, irgendwo anzukommen, sondern die Bewegung selbst ist die Meditation. Jeder Schritt wird bewusst gesetzt, jeder Atemzug wahrgenommen. Schritte und Atem verbinden sich in ihrem Rhythmus und wir kommen automatisch zur Ruhe und in tiefen Kontakt mit unserer Umwelt.
Jeder Schritt ist ein Moment des Friedens und des Loslassens.
Anleitung Schritt für Schritt
- Du gehst so langsam du kannst, wie ein Kind, das gerade laufen gelernt hat. Tatsächlich kann es sein, dass du genauso wackelst. Geh einfach so lange weiter, bis du dich sicher fühlst.
- Dann richte deine Aufmerksamkeit auf deine Fußsohlen, spüre, wie sie abrollen, neu aufsetzen und wieder abrollen. Spüre deine Waden dabei, deine Oberschenkel. Spüre, wie sich deine Hüften bewegen, deine Schultern, deine Arme, dein Kopf.
Traditionell werden die Hände vor dem Bauch in einer Schale zusammengelegt, das ist aber nicht notwendig. - Lass jetzt ein halbes Lächeln auf deinem Gesicht erscheinen. Keine Maske, sondern ein entspanntes ruhiges Buddhalächeln. Konzentriere dich gleichzeitig auf das Gehen und das Lächeln.
- Dann nimm zusätzlich deinen Atem wahr. Du atmest ein, du atmest aus.
Wenn Gedanken kommen, lasse sie wie Wolken vorbeiziehen.
- Jetzt synchronisierst du deine Atemzüge mit deinen Schritten, z.B. machst du zwei Schritte beim Einatmen und zwei Schritte beim Ausatmen. Das kann auch ein anderer, dein individueller Rhythmus sein, es geht nur darum, dass Atem und Schritte sich angleichen.
- Wenn du möchtest kannst du Mantren dazu nehmen wie „Eine Lotusblume erblüht aus jedem Schritt.“
Oder einfach „Lo-tos-blu-me“. - Während du gehst und dein Atem mit deinen Schritten synchronisiert ist, bist du dir der Erde unter deinen Füßen und deiner Umgebung bewusst.
Du wirst sehen: Es hat nichts anderes mehr Platz in deinem Geist!
Diese einfache Übung hilft dir, tiefer in die Verbindung zu deinem Herzen und deiner Spiritualität zu kommen. Das gibt dir Kraft für die kleinen und großen Herausforderungen des Lebens. Du atmest Belastungen aus, lässt sie los und atmest Frieden, Mitgefühl und Klarheit ein.
Am schönsten ist die Gehmeditation in der Natur. Sei ganz präsent, nimm alle Eindrücke der Natur in dich auf, atme und setze achtsam deine Schritte. Das ist “Gehen im reinen Land”, wie Thich Nhat Hanh es nennt.
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